Wir können Menschen nicht besitzen

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Da steig' ich heute gleich mal mit einem Werbeslogan ein: „Mein Haus, mein Garten, mein Auto, meine Frau oder mein Mann“. Und das noch im selben Atemzug gesprochen. Eine Reihe von Dingen, die wir besitzen und gleich hinten ran der Mensch. An letzter Stelle von allen Dingen. Wenn ich alleine zu diesem Satz spontan Energie hin fließen lasse, puh, das fühlt sich gar nicht gut an.

Keine Wertschätzung und Achtung dem anderen gegenüber. "Das ist meines, das gehört mir." Diese Sätze sind jedoch so tief in uns verankert, dass wir gar nicht merken, wie oft wir sie gebrauchen. Das beginnt schon, wenn wir Menschen begegnen, die unser Herz berühren. "Der/die gefällt mir, den/die möchte ich haben." Und haben bedeutet besitzen.

Wenn wir jedoch mit einem Partner glücklich werden wollen, dann müssen wir Ihn/Sie auch als Partner sehen, nicht als Besitz oder Eigentum.

Als eigenständigen Menschen, der Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte hat. Der auf die Welt kam, um seine Seele weitergehen und entwickeln zu lassen. Und, um dies machen zu können, benötigen wir eben auch Menschen um uns, mit denen wir Beziehungen haben, damit wir heilen, und lernen auf unserem Bewusstseinslevel weiter voran zu schreiten.

 

Je schmerzvoller unsere Vergangenheit war, umso mehr Themen wird es geben, die Aufmerksamkeit verlangen. Die ins Bewusstsein genommen werden wollen, losgelassen werden wollen, um endlich sich selber tief und innig annehmen zu können. Diese Prozesse sind aber meistens mit sehr viel Schmerz und Traurigkeit verbunden. Und die meiste Angst besteht darin, etwas in uns zu finden, womit wir nicht umgehen können; etwas, das uns aus der Fassung bringt.

 

Aber um solche Bewusstseinsprozesse in Gang zu bringen, brauchen wir Menschen um uns, die im richtigen Augenblick die richtigen Knöpfe drücken. Unsere Seele geht sehr sanft und gewissenhaft mit uns um. Niemand wird gezwungen, seine Themen anzuschauen. Aber dazu sind wir auf der Welt, und wir begegnen auch immer zum richtigen Zeitpunkt jenen Menschen, die uns weiterhelfen. Auch wenn dies alles auf den ersten Blick meist nicht sichtbar ist.

Jene Menschen, mit denen wir im Außen scheinbar die größten Probleme haben, sind wohl die Allerwichtigsten für unsere Entwicklung.

Denn wenn man auf solche Begegnungen genau hinschaut, kann man erkennen, dass diese Menschen mitten ins Herz und in unseren Schmerz treffen. Und da ist eine Abwehrreaktion im ersten Moment völlig normal. Wer will schon sein Innerstes preisgeben? Jedoch sollte man nach dem ersten Schock dann doch bereit sein, hinter die Fassade zu blicken und erkennen, warum es genau so laufen musste, wie es gelaufen ist.

 

Und wenn ich das mache, dann darf ich heilen, und das Geschenk aus der jeweiligen Situation auspacken. Und das sind die Sternstunden im Leben eines Menschen, wieder was losgelassen und geheilt. Ein unsagbarer Moment des Friedens und der Harmonie stellt sich ein. Und jedes Mal aufs Neue einfach wunderbar.

Aus Erfahrung kann ich euch sagen, dass es nichts Vergleichbares auf der Welt gibt, als die Begegnungen mit Menschen bewusst zu erleben. Jeder einzelne hinterlässt Spuren.

Mit jeder Faser unseres Herzens sich öffnen und den Anderen mal ganz vorsichtig spüren. Ganz leise sein und sich auf diesen Menschen einstimmen. Wie fühlt sich dieses Geschöpf Gottes an? Was breitet sich da in jede noch so kleine Zelle aus? Welche Gefühle fließen da? Zeigt sich dieser Mensch authentisch oder verbirgt er seinen Gemütszustand ganz tief im Herzen? Was offenbart sich da? Ganz viel Liebe oder Schmerz? Vielleicht auch eine Leere, Sehnsucht, Traurigkeit oder Zorn?

 

Wir können es nur erfahren, wenn wir mutig genug sind, und unser Herz ganz weit aufmachen.

 

 

 

© Claudia Müllner, 2015 - Meine Texte dürfen für private Zwecke gerne geteilt werden. Für gewerbsmäßige Nutzung bedarf es einer vorherigen schriftlichen Kontaktaufnahme mit mir und meiner schriftlichen Zustimmung.

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