Mitleid - oder Mitgefühl?

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Zwei ähnliche Worte und doch so verschieden. Das eine hilft, das andere schadet. Mitleid hat eine niedrige, negative Energie. Wenn wir einem Menschen, dem es sowieso schon schlecht geht, noch unser Mitleid vermitteln, dann ist das so, als ob wir ihm den Todesstoß versetzen.

Wir ziehen ihn noch weiter runter, als er eh schon ist. Denn mit diesem Mitleid schwingt all unsere Energie mit, wie: „Gott sei Dank, hat es mich nicht so arg erwischt, da bin ich eh noch gut dran mit meinen Sorgen!" oder "Das wird schon wieder, reiß dich mal ein bisschen zusammen!“

Wenn es einem aber so richtig schlecht geht, dann kann man sich nicht zusammen reißen. Da ist man überwältigt von der Trauer und dem Schmerz.

Und durch das Mitleid wird man dann im Außen auch noch bestätigt: „Ach wie arm bin ich doch, niemanden geht es so schlecht wie mir, wenn es sogar meinen Mitmenschen auffällt. Wie ich es sage, ich bin doch ein richtiger Pechvogel, das kann ja auch nur mir passieren.“ Und dies zieht einen dann richtig runter. Auf der einen Seite ist man in so einer Situation ja total empfänglich für Mitleid. Man wird endlich wahrgenommen. Viele empfinden es dann so: „Wenn es für mich kein Glück gibt, dann will ich wenigstens die Aufmerksamkeit, die ich durch mein Leid erfahre.

 

Und dann nimmt alles seinen Lauf, dann dreht sich die Negativ – Spirale immer tiefer. Und dann sind wir angekommen beim armen Leidenden, der die ganze Last des Universums mit sich herumtragen muss. So einen Zeitgenossen brauchst du erst gar nicht zu fragen, wie es ihm geht, denn der ladet völlig unbewusst all seinen Frust an dir ab. Und Menschen, die offen sind für Mitleid fühlen sich dann nach so einer Begegnung so mies, dass sie denken, sie hätten ihr eigenes Glück gar nicht verdient. Denn es kann ja nicht sein, dass es mir so gut geht, und dem anderen so schlecht!

 

Geholfen ist durch dieses Verhalten weder dem Einen noch dem Anderen. Treffen sich solche zwei Menschen sehr oft, dann wird das bald ein einziges Jammertal. Den mit der Zeit geht es dem, dem es ursprünglich gut ging, auch schlecht, weil er meint, sein Glück nicht verdient zu haben. Feine Solidarität kann ich da nur sagen.

Die andere Seite, das Mitgefühl, ist da schon ganz anders.

Im Gegensatz zum Mitleid bleib ich beim Mitgefühl in meiner Kraft und kann den Anderen begleiten und ihm helfen.

Ich nehme wahr, dass es meinem Gegenüber zur Zeit nicht gut geht. Das kann ich dann dadurch aushalten, indem ich ihm zuhöre und für ihn da bin. Einfach präsent sein: „Ich sehe dich, Ich höre dich. Ich anerkenne, dass es dir grad nicht gut geht.“ Und gleichzeitig bleib ich ganz bei mir und halte das Feld für ihn im festen Vertrauen, dass diese Phase ein Ende haben wird, und es dann wieder aufwärts gehen kann. Und derjenige sich bereit machen kann für ein neues Glück. In welcher Form auch immer dies sich zeigen mag.

Durch dieses Feld halten, Zuversicht schenken, dem Schmerz und der Trauer Platz und Raum geben, gelangt der Betreffende dann zur Heilung, sodass er Schmerz und Trauer zulassen kann und letztendlich auch gehen lassen kann.

Und dann beginnt im Innen auch wieder das Licht zu leuchten und eine unsagbare Wärme macht sich breit, und in dieser Phase wäre es dann noch gut, hinzuschauen, was denn der Sinn dieser Leidensphase war, und wo für es gut war, da durch zu gehen.

Denn jede Situation im Leben, die einem widerfährt hat ihren tiefen Sinn. Und wenn ich diesen Sinn erkennen kann, dann werde ich mit der Erkenntnis belohnt, was es für mich bedeutet. Und das ist dann jener Moment, wo zwischen tausend Tränen ein erstes Lächeln hervorbricht. Wo man dann wieder in seine eigenen Kraft kommt und an die Zukunft glaubt. Da kann man dann auch spüren, dass es im Leben immer wieder weiter geht, egal wie schwer und tragisch ein Schicksal sein kann.

Meine Lieben, ich wünsche euch allen von Herzen, dass ihr in schwierigen Zeiten Menschen um euch habt, die für euch das Feld der Liebe und Zuversicht aufrecht halten, damit ihr den Weg in die Freude am Dasein wieder finden könnt. Und wenn es euch gut geht, dann seid ihr das Feld der Liebe und Zuversicht für eure Mitmenschen.

 

 

© Claudia Müllner, 2014 - Meine Texte dürfen für private Zwecke gerne geteilt werden. Für gewerbsmäßige Nutzung bedarf es einer vorherigen schriftlichen Kontaktaufnahme mit mir und meiner schriftlichen Zustimmung.

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